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Veranstaltungsarchiv 2014

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Superintendentin Angela Grimm, Landesbischof Ralf Meister, Landessuperintendent Dr. detlef Klahr und Landrat Matthias Köring
Superintendentin Angela Grimm, Landesbischof Ralf Meister, Landessuperintendent Dr. Detlef Klahr und Landrat Matthias Köring feierten gemeinsam das 40-jährige Bestehen des Evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Harlingerland in der St.Magnus-Kirche in Esens (Foto: Hannegreth Grundmann)

Ist das Christentum politisch?
40 Jahre Kirchenkreis Harlingerland


Superintendentin Angela Grimm begrüßte rund 320 Vertreter aus Politik, Kirche und Gesellschaft in der St. Magnus-Kirche in Esens. Gemeinsam feierten sie das 40-jährige Bestehen des Evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Harlingerland. Dieser Kirchenkreis ist am 1. Januar 1974 aus einem Zusammenschluss der Kirchenkreise Wittmund und Esens hervorgegangen.

Die gastgebende Superintendentin wies aber darauf hin, dass es den Kirchenkreis Harlingerland im Grunde schon seit 440 Jahren gibt, nachdem der Landesherr Graf Erich von Hoya am 3. Juni 1574 allen Pastoren der Ämter Esens und Wittmund eine neue Kirchenordnung übergeben hatte.

"Reformation und Politik gingen schon damals zusammen und unterschieden sich doch voneinander", so Grimm. Sie hatte Landesbischof Ralf Meister nach Esens eingeladen, um einen Festvortrag zum Themenjahr 2014 "Reformation und Politik" zu halten.

Jeder Christ ist immer auch politisch - Der Festvortrag des Landesbischofs
Landesbischof Ralf Meister sprach über das Thema "Ist das Christentum politisch?" und stellte dabei die für Martin Luther zentrale Botschaft von der Rechtfertigung des Sünders durch Jesus Christus in den Mittelpunkt.

"Wir verstehen jeden Menschen von Gott gleichermaßen gerechtfertigt - ohne Unterschied", so Meister. Das sei die Grundbotschaft des Evangeliums. Und das gelte für jede Person unabhängig von ihren Taten.

Als Beispiele führte er an, wie vor 40 Jahren Bischof Kurt Scharf die Terroristin Ulrike Meinhoff im Gefängnis besucht hat, oder wie Pastor Uwe Hollmer das Ehepaar Honecker bei sich in der Wohnung als Gäste aufgenommen hatte. Als aktuelles Beispiel nannte er Uli Hoeneß, bei dem auch Person und Sache auseinanderzuhalten seien.

Das Christentum sei anfangs eine revolutionäre Idee gewesen. Es sei aber durch die Kooperation mit der politischen Obrigkeit seit dem vierten Jahrhundert zu keiner christlichen Revolution gekommen. Der Landesbischof sieht dem Christentum die Spitze genommen, wenn es nur auf Moral und Ethik eingeschränkt werde und ein Christ zu einem Menschen wird, der sich anständig verhält.

Jesus selbst habe Beispiele gegeben für offensive Unanständigkeit. Er wollte Arme nicht arm sein lassen, hatte das Reich Gottes wie eine Utopie vor Augen und suchte die konkrete reale Veränderung in der Welt, wie sie damals war. Seine Sympathie galt denen, die am Rand der Gesellschaft standen und den Ausgestoßenen.

Ralf Meister sieht hierin auch heute einen Punkt, in dem die Kirchen aktiv sein müssen: "Wer etwas für die Armen tun will, muss etwas gegen die Armut tun."Auch erinnerte er an das umstrittene Wort seiner Vorgängerin Margot Käßmann zu Afghanistan. Und auch an den Umgang des Menschen mit der Schöpfung. Die großen Verheißungen in der Bibel verlangten eine andere Gestaltung des Umgangs mit der Erde und den Tieren.

Christen hätten den Auftrag, das zu benennen, was wir noch vor uns haben, sei es, dass die Ungerechtigkeit noch nicht besiegt ist oder keine Kriege mehr ausbrechen oder die Einheit der Schöpfung, die Einheit von Mensch und Tier, noch nicht verwirklicht ist.

"Wir wollen mehr als das, was die Welt ist. Wir erzählen Geschichten mit politischer Brisanz, damit diese Welt sich verändert. Deshalb ist jeder Christ immer auch politisch", sagte der Landesbischof in seinem Festvortrag.

Miteinander von Kirche und Politik heute
Grüße aus der Politik und die Glückwünsche zum Kirchenkreisjubiläum auch im Namen aller Bürgermeister überbrachte Landrat Matthias Köring. "Landkreis und Kirchenkreis sind Partner. Sie haben im Grunde die gleiche Zielsetzung: Wir sind Kümmerer für das Gemeinwohl", sagte der Landrat und nannte unter anderem die Kooperationen in den Kindertagesstätten, der Suchtberatung und der Diakonie.

Kirche und Politik haben sich durch den demografischen Wandel den gleichen Herausforderungen zu stellen. Sie könnten Hand in Hand gegen die Zukunftsangst arbeiten. Und den anwesenden Kirchenvertretern rief er zu: "Lassen Sie uns gemeinsam Zukunft wagen!"

Rückblick: 40 Jahre Kirchenkreis
Einen Einblick in die Kirchenkreisreform vor 40 Jahren gab der ehemalige Leiter des Kirchenkreisamtes Wittmund, Bernhard Müller. Drei Modelle wurden damals diskutiert. Sollte der Kirchenkreis Esens mit Wittmund, mit Norden oder mit beiden fusionieren?

Bei der Neugliederung wurde dann letztlich auch die niedersächsische Landkreisreform berücksichtigt. Der Name des neuen Kirchenkreises "Harlingerland" setzte sich durch, obwohl die Landeskirche Hannovers ursprünglich dagegen war.

"Der damalige Schritt zur Zusammenfügung des neuen Kirchenkreises war richtig und wichtig", sagte Landessuperintendent Dr. Detlef Kahr und überbrachte die Glückwünsche der Superintendenten der fünf anderen Kirchenkreise im Sprengel Ostfriesland-Ems.

Strukturen dienten keinem Selbstzweck, sondern seien dazu da, den Glauben in seiner Vielfalt zu gestalten. Strukturen seien zu verändern, wenn es dem Auftrag der Kirche und dem Evangelium dient und sie sollten in die Zukunft führen, so Klahr. Applaus bekam der Landessuperintendent, als er sich bei den Politikern für den guten Dialog bedankte und dabei den Besuch und Vortrag des Landrates kürzlich vor dem Kirchenkreistag erwähnte.

Musikalisch gestaltet wurde dieser festliche Jubiläumsabend von dem Bläserkreis des Kirchenkreises Harlingerland unter der Leitung von Renate Schühle und der Kantorei der St.-Magnus-Kirchengemeinde Esens unter der Leitung von Frau Inka Drengemann-Steudtner, begleitet an der Orgel von Herrn Gerhard Schühle. Bei einem anschließenden Empfang gab es die Möglichkeit zu Begegnung und Gespräch.

Der Evangelisch-lutherische Kirchenkreis Harlingerland besteht aus 28 Kirchen- und zwei Kapellengemeinden mit 40.500 Gemeindegliedern. Er umfasst den kommunalen Landkreis Wittmund. Hinzu kommen die Gemeinden Gödens im Landkreis Friesland und die Gemeinden Roggenstede, Westeraccum und Westerbur im Landkreis Aurich sowie die beiden ostfriesischen Inseln Spiekeroog und Langeoog. Seit 2005 leitet Superintendentin Angela Grimm den Kirchenkreis.

(März 2014)

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