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Veranstaltungsarchiv 2012

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Der Abt von Loccum, Horst Hirschler, Hermann Buß, Dr. Klahr und Dr. Annette Kanzenbach in der Bußkapelle in Loccum
Zum Festakt anlässlich der Neugestaltung der Johanneskapelle durch einen Bilderzyklus von Hermann Buß wurden Dr. Annette Kanzenbach vom Landesmuseum in Emden und Landessuperintendent Dr. Detlef Klahr (von rechts) vom Künstler Hermann Buß und dem Abt von Loccum, Landesbischof i.R. D. Horst Hirschler, im Loccumer Kloster begrüßt. (Foto: Dr. Hannegreth Grundmann)

"Hermann Buß ist ein Hüter der Sehnsucht"
Bilderzyklus des ostfriesischen Künstlers im Loccumer Kloster


Rechtzeitig zum 850-jährigen Jubiläum des Loccumer Klosters im nächsten Jahr hat der ostfriesische Künstler Hermann Buß aus Westermarsch die Johanneskapelle mit einem Bilderzyklus von vier großformatigen Bildern ausgemalt. Zu diesem Anlass waren aus Ostfriesland Landessuperintendent Dr. Detlef Klahr und Dr. Annette Kanzenbach vom Emder Landesmuseum angereist.

Beide hatten in diesem Jahr gemeinsam mit dem Künstler "Kunst und Passion" im Emder Rummel und eine Sonderausstellung im Emder Landesmuseum veranstaltet: "Für mich ist es ein ganz besonderer Moment, mitzuerleben, wie die Begegnung von Kunst und Kirche nun in der Johanneskapelle anschaulich wird, und dies ausgerechnet durch einen zeitgenössischen Künstler aus Ostfriesland", freute sich der Regionalbischof für den Sprengel Ostfriesland.

"Als hätte der Raum auf Hermann Buß gewartet", sagte der Direktor im Haus kirchlicher Dienste in Hannover, Ralf Tyra, während der Andacht in der Loccumer Klosterkirche. Er hatte die Andacht gemeinsam mit dem Studieninspektor des Predigerseminars, Dr. Christian Stäblein, und dem Abt von Loccum, dem ehemaligen Landesbischof der Landeskirche Hannovers, D. Horst Hirschler, gehalten.

Die Johanneskapelle werde auch "Bußkapelle" genannt wird, weil die Botschaft Johannes des Täufers in der Bibel die Buße, die Umkehr zu Gott war. Nun ist sie mit einem Bilderzyklus von Hermann Buß gestaltet. "Die Bilder von Buß führen mich zu den Fragen meiner Seele, führen mich zu Gott", so Tyra. Und das sei auch die Botschaft einer Johanneskapelle: "Bahn frei für Gott! Bahn frei zu Gott!"

Mit einem herzlichen "Moin" begrüßte der aus Berumerfehn stammende Geistliche Vizepräsident aus dem Landeskirchenamt in Hannover, Arend de Vries, den Künstler mit seiner Familie und die zahlreichen geladenen Gäste im Refektorium des Klosters zu zwei Vorträgen, die in das Werk von Hermann Buß einführten. Der Landeskirche sei es wichtig gewesen, dass ein aus Norddeutschland stammender zeitgenössischer Künstler die Johanneskapelle ausmalt.

Die Idee dazu entstand vor vier Jahren. Vor zweieinhalb Jahren habe dann der Maler begonnen. "Zuerst habe ich anderthalb Jahre lang die Region zu jeder Jahreszeit kennengelernt. Dabei entstanden Bildideen, Skizzen und erste Entwürfe", erzählte Hermann Buß. Ein Jahr lang hat er in seinem kleinen Atelier gleich hinter dem Deich in Westermarsch an den vier jeweils 4, 50 m mal 3, 50 m großen Bildtafeln mit Ölfarbe gemalt. Die vier großen Bilder bestehen wiederum aus jeweils vier Holztafeln in einem halbrunden Format.

"Ich habe die Bilder nie aus der Distanz gesehen. Das war schon spannend zu sehen, wie sie in der Johannes Kapelle als Gesamtensemble wirken. Nun überwiegt bei mir das Gefühl der Freude", sagte Hermann Buß und bedankte sich bei allen, die das Projekt möglich gemacht haben. Wichtig war ihm zu betonen, dass er sich nie als Kirchenmaler bezeichnen würde. Er schöpfe wie selbstverständlich aus der abendländisch-christlichen Kulturgeschichte, in der er verwurzelt ist.

Der Direktor der Gemäldegalerie Berlin, Professor Dr. Bernd Wolfgang Lindemann, ordnete die Loccumer Buß-Bilder in die Kunstgeschichte ein und gab erste Hinweise zu ihnen. Die Landschaftsbilder, die hier abgebildet seien, gehörten in eine 400-jährige Geschichte autonomer Landschaftsbilder. Vor 200 Jahren galt es noch als Skandal, als der Künstler Caspar David Friedrich mit solchen Bildern einen Altar ausmalen wollte. Mit dem Ausblick in die Natur werde der Raum der Kapelle geöffnet. Drei der Bilder bieten einen weiten Ausblick, zwei davon zeigen den weiten Horizont.

In ihnen seien illusionistische Effekte und Widersprüchlichkeiten zu entdecken. Das Format der Bilder, die Lünette, sei ein sehr schwieriges, das sich kein Maler freiwillig aussuche. Es handle sich um halbkreisförmige gerahmte Wandfelder. Bilder zu Seiten eines Kapellenraumes haben eine lange Tradition, die zurückgeht auf das späte 15. Jahrhundert. Dr. Lindemann hält die leere Mitte in der Kapelle für eine ideale Ergänzung zu den vier Bildern von Hermann Buß. Wenn man zum Altar blickt, sieht man auf ein Fenster, die Bilder hängen links und rechts vom Betrachter.

Den zweiten Vortrag zur Einführung in das Werk von Hermann Buß hielt als Kunstexperte und vielfacher Autor im Themenbereich von Kirche und Kunst der frühere Stadtsuperintendent Hannovers, Hans-Werner Dannowski (79). Er nannte Hermann Buß einen "Hüter der Sehnsucht". Die menschliche Identität bestünde in der Sehnsucht. Dannowski drückte es so aus: "Von dem her, der ich bin, werde ich zu dem, der ich sein sollte."

Er sei dem Künstler zutiefst dankbar für die großartigen Bilder. In ihnen finde er die Urszenen des Glaubens gemalt. Hermann Buß versuche die Realität umzugraben, um Grundfragen der Lebensbewältigung aufzuschließen. Die Kunst sei bei Buß mit dem Traum vergleichbar. Beide schaffen Rationalität durch einen irrationalen Prozess, um damit den eigenen Lebenssinn zu erweitern.

Dem Theologen stelle er gefährliche Fallstricke, denn Kirchen aller Konfessionen seien primär Antwortkirchen. Sie geben Antworten auf die Grundfragen des Lebens. Wenn es aber zu einem Dialog zwischen Kirche und Kunst kommen solle, dann gelte es, die Fragen auszuhalten, und auf diese Weise eine theologische Banalisierung abzuwehren, so Dannowski. Man müsse lange bei einer unaufgelösten Spannung bleiben können. Auch sieht er in der dargestellten Anonymität einer urbanen Gesellschaft eine Sehnsucht nach Geschwisterlichkeit des Lebens in den Bildern von Hermann Buß.

(Dezember 2012)

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