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Veranstaltungsarchiv 2012

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Dr. Margot Käßmann sprach in der Johannes a Lasco Bibliothek in Emden
Die Botschafterin für das Reformationsjubiläum, Professor Dr. Margot Käßmann, sprach in der Johannes a Lasco Bibliothek in Emden zu dem Thema "Was feiern wir 2017?" (Foto: Dr. Hannegreth Grundmann)

"Was feiern wir mit dem Reformationsjubiläum 2017?"
"Zurück zum Evangelium und gestärkt mitten hinein in die Welt!"
Margot Käßmann sprach in Emden


öso. Emden. Die Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017 der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Professorin Dr. Margot Käßmann, sprach als Schirmherrin der Ausstellung "Menso Alting und seine Zeit" in der Johannes a Lasco Bibliothek in Emden.

Begrüßt wurde sie von Kirchenpräsident Jann Schmidt. Er wies darauf hin, dass der Theologe Menso Alting (1612 verstorben), an Veränderungen in Kirche und Staat mitgewirkt habe. Er habe Emden in den Brennpunkt der europäischen Auseinandersetzung gestellt.

Diese Ausstellung sei als Gemeinschaftsprojekt des Landesmuseums, der Johannes a Lasco Bibliothek und der reformierten Gemeinde ein Auftakt, ein erster Beitrag der Stadt Emden zum Reformationsjubiläum 2017, freute sich Oberbürgermeister Bernd Bornemann. Die Stadt Emden habe sich bei der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) um den Titel "Reformationsstadt Europas" beworben und wolle dies in Zusammenarbeit mit den evangelischen Kirchen der Region mit Inhalt füllen. "Die Stadt ist in ihrer Geschichte in besonderem Maße durch die Reformation geprägt", so Bornemann.

"Dann könne", so Käßmann, "2017 sicher auch ein VW-Bus aus Emden nach Wittenberg fahren." In dem letzten Jahr der Reformationsdekade werden 95 VW-Busse aus Reformationsstädten nach Wittenberg fahren, um dort je eine These hinzubringen. Das solle die Vielfalt der Reformation 2017 zeigen.

Die Reformationsjubiläen der vergangenen Jahrhunderte
Bevor Käßmann darauf einging, was mit dem Reformationsjubiläum 2017 gefeiert wird, machte sie deutlich, dass die Jubiläen der vergangenen Jahrhunderte vom jeweiligen Zeitgeist geprägt gewesen seien. Und auch die Generationen nach uns werden an der Feier des Reformationsjubiläums 2017 ablesen, wer die Protestanten zu Beginn des 21. Jahrhunderts gewesen sind. "Mir ist es wichtig, einen kritischen Blick auf die eigene Geschichte zu werfen und darauf, was Protestanten in der Gegenwart zu leisten haben", so Käßmann.

Das Jubiläum 2017 hat eine ökumenische Dimension
Der Jubiläumsanlass ist die Veröffentlichung der 95 Thesen Martin Luthers am 31. Oktober 1517. In ihrem Vortrag stellte die Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017 sieben Punkte vor, die sie für die Feierlichkeiten zum 500-jährigen Jubiläum als entscheidend ansieht.

Als ersten Punkt nannte sie die Ökumene. Es sei das erste Reformationsjubiläum, das nach 100 Jahren ökumenischer Bewegung stattfindet. "Wir haben uns ja längst aufeinander zu bewegt. Wir kommen gemeinsam aus der Alten Kirche, die Evangelischen sind keine neue Kirche des 16. Jahrhunderts. Die Reformierten und Lutheraner werden etwa dem Papsttum immer kritisch gegenüber stehen. Viele Verwerfungen des 16. Jahrhunderts aber sind aufgearbeitet. Wir erkennen die Taufe gegenseitig an. Wir taufen in die eine unsichtbare Kirche, die unter allen Kirchen verborgen ist", so Käßmann.

"Ökumene" habe aber auch eine weltweite Bedeutung. 2017 müsse gefragt werden, was bedeutet es, in anderen Ländern reformatorische Kirche zu sein? Wie wird beispielsweise in Tansania oder in Äthiopien das Reformationsjubiläum gefeiert?

Das erste Reformationsjubiläum nach dem Holocaust
Als zweiten wichtigen Punkt, durch den das Reformationsgedenken 2017 geprägt sein wird, sagte sie: "Es ist das erste Reformationsjubiläum nach dem Holocaust!" Die Schrift Luthers "Wider die Juden" sei eine "schreckliche Schrift" und habe bis in die Zeit des Nationalsozialismus hineingewirkt.
Doch die Kirche der Reformatoren habe gelernt und so sage die EKD heute: "Wer Juden angreift, greift uns an."
Das gleiche gelte für Muslime. Luther habe angesichts der Türken, die Wien bedrohten, wie andere in jener Zeit von der "Türkengefahr" gesprochen. Heute leben wir mit vier Millionen Muslimen in Deutschland. "Wir brauchen den Dialog mit den Muslimen", sagte Käßmann.

Auch stellt sich uns die Frage, wie stehen wir heute zu den sozialen Bewegungen? Thomas Müntzer und die Bauernbewegung der Reformationszeit sei ein historisches Erbe, das immer noch nicht aufgearbeitet ist. "Wir brauchen die Dialoge mit den Täufern und den Mennoniten", betonte Käßmann.

Erstes Reformationsjubiläum mit Frauen in allen Ämtern
2017 wird das erste Reformationsjubiläum zu einer Zeit gefeiert, in der fast alle evangelischen Kirchen Frauen ordinieren und als Bischöfinnen zulassen.

Durch die Reformation sei das zölibatäre Leben nicht mehr das bessere. Es ging den Reformatoren darum, den Glauben im Alltag der Welt zu leben. Auch hätten sie Hebammenordnungen verfasst, aus denen hervorgehe, dass Frauen, die ein Kind geboren hatten, nun nicht mehr als unrein galten.

Das alles, so Käßmann, habe einen theologischen Grund: "Die Taufe ist das zentrale Ereignis. Gehen wir auf die Taufe zurück, brauchen wir kein Bußsakrament."

Auch der Ausdruck "Wir sind Papst", mit der die Wahl von Papst Benedikt XVI. von einer Zeitung betitelt wurde, bringe eigentlich Tauftheologie zum Ausdruck. Jeder, der getauft ist, sei Priester, Bischof oder Papst. Daher könnten auch Frauen alle Ämter inne haben und in den evangelischen Kirchen gebe es keine Hierarchie von Ordinierten und Nicht-Ordinierten. Das sollte 2017 sichtbar werden.

Erstes Reformationsjubiläum nach der Überwindung einer Kirchenspaltung
Als viertes sollte bei den Feierlichkeiten 2017 berücksichtigt werden, dass mit der Leuenberger Konkordie 1973 die Spaltung zwischen reformierter und lutherischer Kirche überwunden wurde. "Trotz aller Differenzen in der Abendmahlsfrage können wir gegenseitig auf unseren Kanzeln predigen und miteinander Abendmahl feiern."

Käßmann forderte, dieses Modell offensiv in das ökumenische Gespräch mit der römisch-katholischen Kirche einzubringen. Es könnten nun schon 40 Jahre Erfahrungen im Umgang mit Spannungen eingebracht werden. "Gerade in der säkularen Welt ist es wichtig, deutlich zu machen, was uns verbindet, und nicht das Trennende wie eine Monstranz vor uns her zu tragen", mahnte die Reformationsbotschafterin.

Das Reformationsjubiläum sollte den gebildeten Glauben in den Fokus rücken
Die Reformatoren argumentierten von der Bibel her. Sie setzten sich für die Bildung ein, weil sie wollten, dass jeder die Bibel lesen könne. Auch sei durch die Bibel eine gemeinsame deutsche Sprache geschaffen worden und das habe zur Verständigung beigetragen. Es sei ein Drama, so Käßmann, dass im Land der Reformation kaum noch jemand in der Bibel nachschlage.

Trennung von Staat und Kirche
2017 werde das erste Reformationsjubiläum zu einer Zeit gefeiert, in der die Trennung von Staat und Kirche, die Religions- und Meinungsfreiheit selbstverständlich seien. Kirche könne sich nun kritisch gegenüber dem Staat einbringen.
Das Reformationsjubiläum 2017 müsse auch eine politische Dimension haben und um ethische Fragen streiten.

"Zurück zum Evangelium und gestärkt mitten hinein in die Welt!"
Am Ende ihres Vortrags sprach die Lutherbotschafterin die Hauptdimension des Jubiläums an. Wie Luther und Zwingli aus dem Kloster kamen, so entsprang die gesamte Reformationsbewegung der Stille, aus dem Hören auf das Wort Gottes.

Das Zentrum der Reformation sei die Besinnung auf das Evangelium. Die Hauptdimension des Jubiläums sollte die Konzentration auf das Wort Gottes sein, dass Menschen durch den Gottesdienst gestärkt werden und ihr Gewissen schärfen, damit sie Verantwortung wahrnehmen.

Abschließend sagte Käßmann: "Das wäre für mich die Hauptmotivation des Jubiläums: Zurück zum Evangelium und gestärkt mitten hinein in die Welt!"

(Dezember 2012)

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